© DAV/Steffen Reich

Voigtland : Franken 6:19

Vom Suchen und FINDEN der Klettergruppe 60plus

10.12.2023

Seit Jahren Tradition: Die Frühjahrsfahrt nach Franken. Hier passt vieles zusammen: Unterkunft, Verpflegung, sanfte Landschaft, nette Menschen und vor allem „freundliche“ Kletterfelsen. 
Klaus Steube berichtet.

Jedoch, Stimmen aus der Kletterszene Braunschweigs, die vom Vogtland schwärmten erreichten auch einige unserer Ohren und so beschlossen Michael und ich eine „Erkundungsfahrt“ vor die Frankenfahrt zu schalten. Es wurden Tage des SUCHENS...
Am Samstagnachmittag trafen sechs Kundschafter fast zeitgleich auf dem leeren Marktplatz von Greiz im Vogtland ein. Nanu? War der Ort ausgestorben, gab es eine Teilevakuierung wegen des Einfalls der Ostfalen oder gar ein neuer Corona-Lookdown (und das in Thüringen !!!)? Immerhin, eine Eisdiele war geöffnet und auch unser Quartier wurde erstaunlich schnell unter einem Baugerüst nebst Plane entdeckt.

Kurz, die Betten verteilt und dann per Navi den Kletterfelsen „Teufelskanzel“ GESUCHT. Die Wegweiser passten zum Handytrack und nach kurzer Zeit des Bergaufschnaufens standen wir vor einem ca. 15m hohen Quarz-Porphyrklotz. Einer hatte sein Topo dabei und so konnten wir auf ca. sechs verschiedenen Routen den Gipfel erklimmen. Klettern ja, Absicherung okay - aber in Jubelrufe brach keiner aus. Später: abseilen, einpacken und plötzlich war ein Zweierteam weg. „SUCHEN?, Ach was...“ wir schlenderten bergab, durchquerten einen menschenleeren Park und FANDEN unser Dreamteam vor einem griechischen Lokal, wo sie gerade ein gerstenhaltiges Getränk getestet hatten. Selbst kochen in der FeWo: Nach viel Spaghetti mit zwei verschiedenen Soßen und einen Berg Salat leiteten wir zur zweitwichtigsten Frage über, wo wir am nächsten Abend essen wollen. Regionale Küche und zu Fuß erreichbar war der Favorit. „Brauereigaststätte“ klang gut, leider ging niemand ans Telefon. Also morgens hinfahren. 

Nanu, wo ist sie denn? Nach einigem SUCHEN FANDEN wir ein Schild. Statt eines „Guten Morgen“ begrüßte uns ein herzliches „wir haben noch geschlossen“ einer Eingeborenen. Nach einem weiteren Höflichkeitsaustausch und der Info, dass am
Abend alles ausgebucht sei, fuhren wir weiter ins Klettergebiet „Steinicht“, im naturbelassenen Tal der Weißen Elster, die Kletterfelsen säumen den Hang. „Felsen gesperrt“ war die erste Info der Tafel am Parkplatz, das sich aber nach exakterem Lesen
und Entschlüsselung grammatikalischer Verwirrungen, wie doppelte Verneinungen, dann doch etwas entspannter auflöste.

Kletterkollegen aus einem östlichen Nachbarland hatten es, Dank der Unkenntnis der deutschen Sprache, leichter und brachen deutlich schneller auf. Die Septemberwand auf der östlichen Talseite lockte: Routen im Topo mit drei Sternchen markiert. Auf dem Uferweg war plötzlich wieder das Dreamteam verschwunden, währenddessen unser Handyman einen Aufstieg ca. 100m vor uns vorschlug, der Topoman jedoch genau 100m rückwärts favorisierte. Bevor die Diskussion völlig eskalierte, stapften wir direkt einen kleinen Pfad hoch, FANDEN zwar nicht die Septemberwand, sondern die Birkenwand nebst unseren zwei Versprengten und auch die vorgenannten Kletterer aus dem Ostlande. „Glatt-grün-feucht und besetzt“ lautete unsere Wertung und wir stiegen zur Uferpromenade zurück. Wanderer empfahlen die Schafswand, ein Vorschlag, den wir nicht alle vorbehaltlos beherzigten (wo ist die Septemberwand!?); jedoch als zwei, nicht namentlich genannten werden Wollende, loszogen,
folgten die anderen Vier im gebührenden Abstand.

Die Schafswand entpuppte sich als gut kletterbar und wir nutzen die noch verbliebene Zeit. Auf dem Rückweg kam nochmal die Septemberwand ins Gespräch, wurde aber schnell vom „wo wollen wir eigentlich Abendessen?“ überspielt. Nach einigen Telefonaten entschieden wir uns für einen Biergarten in der Nähe – das eine Auto FAND den direkten Weg, das andere Fahrzeug SUCHTE länger und kam ca. eine Runde Bier später. Hier gab es u.a. “echte thüringische“ Bratwurst – und das in Sachsen! (hat jemand schon mal eine falsche thüringische Bratwurst gegessen?) Mir schmecken die „echten fränkischen“ besser.


Letzte Gedanke vor dem Einschlafen: „Wo ist die Septemberwand?“. Doch wir streben tags darauf zuerst den ca. 30m hohen Felsen Dornbusch auf der westlichen Talseite an. Ohweh, die hochgepriesenen Routen konnten uns so gar nicht motivieren: wenig Möglichkeiten für mobile Sicherungen sichtbar und die ersten Haken in „weiter“ Ferne. Selbst den Nordwandgesichtern und Big-Wall-Erprobten unserer erlauchten Runde gruselte es vor „nur einem Halbfünfer“ und so wechselten wir wieder auf die andere Talseite und SUCHTEN die Septemberwand. Endlich: der Hauch eines Pfades führte steil den Hang hinauf, an zwei anderen Felsen vorbei, höher und höher bis wir auf das Plateau eines dritten Felsen gelangten und erstmal die Aussicht genossen. Schön hier, nur nach Septemberwand sah es nicht aus. Bergab ging es weglos, eine lockere Geröllhalde, durchsetzt mit ein paar Bäumen zum Festhalten. Heile unten angekommen gings zur Schafswand: die FANDEN wir! Der Zustieg war einfach und es gab Routen, die wir noch nicht geklettert waren.

Nachmittags ging es dann weiter nach Franken, zu „unserem“ Gasthof, wo inzwischen der Rest der 60plusser am Eintreffen war. Neunzehn (!) fidele Rentner (das Durchschnittsalter war 70,5!) wirbelten umher. Für die nächsten Tage gelang es Michael durch eine organisatorische Glanzleistung die große Truppe auf jeweils drei verschiedene Felsen zu verteilen. Unterhäuptlinge SUCHTEN die Felsen aus und die Mitkletternden verteilten sich entsprechend, auch so, dass in jeder Gruppe 2-3 Vorsteigende waren. Und nicht nur das, es gab auch eine gleiche Verteilung der „Schäuferla-Esser“ auf die drei Gruppen, sowie annähernd eine gleiche Anzahl des in der Minderheit vertretenden Geschlechts und auch genügend kurze und lange Seile. Ich war mit meiner Gruppe zufrieden und hoffe, dass es auch umgekehrt war – auch wenn wir es nicht immer rechtzeitig zum Eis essen schafften (weil „jemand“ immer noch eine allerletzte Route klettern wollte) und ich auch manchmal schimpfte, weil das Abseilen oder Umbauen nicht so recht klappte.

Einmal wanderten wir zu Fuß zur Münchsner- und Gemsenwand. Besondere Bewunderung zog Claudia am vorletzten Tag auf sich, weil sie es schaffte eine kleine „komplett grifflose“ Wand zu klettern. Wichtig bei der täglichen Felswahl war auch Schatten, um der Junihitze zu entkommen. In diesem Zusammenhang muss auch die Schwimmbadgruppe erwähnt werden, die nicht die größte Gruppe am Tag 3 stellte, sondern erst am vierten Tag. Besagte Gruppe hatte zuvor noch eine verbale Auseinandersetzung mit dem Bauer an der Förstelsteinkette. Bevor dieser mit Kettensäge an die Autos ging, traten sie – gemäß dem Motto, die Klügeren geben nach – den Rückzug an. Abends FANDEN sich alle Kletterhasen und -häsinnen zum reichhaltigen, mitunter „etwas“ fleischlastigen Schmauss zusammen, um die Heldentaten des Tages zu würdigen und über die noch geheimen Ziele des nächsten Tages zu spekulieren. Über Benzingeld wurde nur leise getuschelt, wie auch das Wort „Septemberwand“ war nur noch vereinzelt zu hören. Auf eine inoffizielle Statistik des konsumierten fränkischen Bieres und Weines wird an dieser Stelle aus Gründen der Suchtprävention besser nicht eingegangen. Trotz der vielen Teilnehmer, der
hochsommerlichen Hitze, obwohl keine „neuen“ Felsen im Programm, war die Frankenfahrt wieder mal echt “spitze“ und schlug das Vogtland mit mindesten 3:0. Und der Wolkenbruch kam auch erst auf der Heimfahrt.